Kritiken Konzert
Vom Ende aller Träume sang ein reifer Debütant
Die Winterreise Graz 21.10.2010
Kleine Zeitung
Adrian Eröd riskierte viel im Stefaniensaal
Seinen ersten Liederabend im Musikverein für Steiermark widmete der 1970 in Wien geborene, aber in Graz aufgewachsene Bariton Adrian Eröd Schuberts „Winterreise“. Und die Übung gelang. Franz Schuberts Vergeblichkeitsvision in 24 Stationen, die musikalische Strukturen als brüchig komponiert („Nebensonnen“) und Tonalitäten sprengt („Leidermann“), wurde vom höhensicheren Sänger ohne Gefühlsdrücker oder sonstige Interpretationstricks in einem Zuge durchgepeitscht.
Als Ruhepol wirkte da manchmal nur die entrückt vollendete Gestaltung des Klavierparts durch Helmut Deutsch. Weichen Wohllaut brach Eröd schnell ironisch bis zynisch, Textdeklamation und Phrasierung gelangen ihm vorbildlich. Weder Hermann Preys naturburschenhafter Deutung noch Dietrich Fischer-Dieskaus Hyperinterpretation eifert Eröd nach. Sondern er erinnert in seinen besten Momenten („Das Wirtshaus“) in Klangfarbe und Agilität an die rapierscharfe Treffsicherheit von Gérard Souzay. Der Grazer Wirkungshorizont des Zyklus, den einst Hans Hotter markiert hatte, der in der letzten Dekade von Ulf Bästlein, Robert Holl und Thomas Quasthoff bewundernswert ausgedeutet worden war, wurde durch Adrian Eröd eindrucksvoll erweitert.