Kritiken Konzert
Psychodrama eines Einsamen
Die Winterreise, Brucknerhaus Linz 13.2.2008
Oberösterreichische Nachrichten
Der Bariton Adrian Eröd, derzeit an der Wiener Staatsoper, vermittelte im Brucknerhaus eine beeindruckende Interpretation von Franz Schuberts “Winterreise”. Er hat, von Eduard Kutrowatz am Flügel erstklassig begleitet, den Liederzyklus mit allen Facetten restlos ausgeschöpft.
Die 24 Lieder gleichen einem Tagebuch, fügen sich zu einem Psychodrama eines Einsamen, gezeichnet von Liebesverlust bis zum bitteren Ende, und sind dabei voll von Unheimlichem und Phantastischem. Die bildstarke Musik fordert die ganze Kunst eines Sängers und Menschengestalters heraus.
Eröds Organ mit vorbildlicher Textdeutlichkeit und feinen Zwischentönen wird allen Stationen auf der Wanderung des Namenlosen gerecht. Es wirkt höchst klangvoll, auch mächtig, lebendig, anrührend mit unheimlicher Intensität und plastischem Ausdruck. Der Künstler kann auch blitzschnell zwischen den Nuancen, zwischen Dur und Moll wechseln. Dabei lässt er sich auch von volkstümlichen Phrasen nicht zu bloß Vordergründigem verführen. Zu sehen sind feines Spiel der Mienen und Blicke. Die Darbietung hat ohne Spannungsverlust die Schattenseiten eines Lebens punktgenau eingefangen.
Der Pianist als ebenbürtiger Mitgestalter zauberte aus dem Flügel eine fein abgestimmte Klangpalette gleich einem großen Orchesterklang.
Insgesamt: Die Wiedergabe ohne Pause, rund 70 Minuten lang, brachte eine großartige Darstellung der innersten Befindlichkeiten eines Menschen. Und der Abend war für den Sänger neben der musikalischen auch eine physische und psychische Glanzleistung. Tosender Beifall.